Donnerstag, 19. November 2015

Lesung und Gespräch mit Herta Müller

... eigene Notizen mit aufgeschnappten Worten und Sätzen
... Infos zur Veranstaltung am Ende

Lesung aus
Niederungen (1982)
Mein Vaterland war ein Apfelkern (2014)

Die Natur ist gnadenlos.
Feldarbeit.
Ich fand die Natur feindselig.
Frost und Hitze können töten.
Der ständige Boykott der Natur.
Mal überschwemmt sie, mal verdorrt sie.
Es war der Versuch, mich planzennah zu machen.
Ich bin ständig mit den Pflanzen alleine und ich gehöre nicht dazu.
Der Tod hat für mich bedeutet, dass die Erde mich auffrisst.
Weil ich den Pflanzen ähneln wollte, habe ich mit ihnen gesprochen.
Die Leute in der Stadt wurden nicht so dreckig.
Ich winkte in meiner Misere in meinem dreckigen Alleinsein.
Ich war mir sicher, jeder ist traurig.

Zensur

Das Naturell der Leute wurde total verbogen.
Schizophren im Kopf.
Draußen nicht erzählen, was zuhause erzählt wird.
Ich habe immer gedacht, das ganze Leben wird zensiert.
Und so war es dann auch.
Mitwohnende Nationalitäten.
Wer bist Du eigentlich?
Da hat das Schreiben doch ziemlich viel geholfen.

Exil

Kein Begriff für Vetreibung aus Nazideutschland.
Das Wort Heimatvertriebene ist schon vergeben. 
Es gibt keinen Ort.
Sie sind nicht im Bewusstsein.
Exil bedeutet Abenteuer, Katastrophe
Jubiläen von Firmen, die vorher anderen Menschen gehörten.
Was waren das für Menschen?
Es wäre an der Zeit, sich dieser Dimension zu stellen.
Die Leute von Pegida denken ja über überhaupt nichts nach.
In der DDR wurde nichts aufgearbeitet.
In Rumänien haben sie ja auch über nichts gesprochen.
Ohne Details keine Anteilnahme.

Lesung aus
Atemschaukel (2009)

Herzschaufel
Hungerengel
Das Schaufeln ist an erster Stelle beim Schaufeln.
Ich habe keine Angst vorm Schaufeln, sondern vor mir.
Der Hungerengel im Gaumen.
Schritt für Schritt gehe ich meinen Füßen hinterher.
Alles, was geschieht, ist immer das Einfache.
Der Hungerengel hat Wasser im Bauch und in den Beinen.

Collagen

Bild mit Text.
Der Raum ist begrenzt.
Ich habe meine Worte, wenn ich zuhause bin.

...

Text zur Veranstaltung:

"Herta Müller, die Literaturnobelpreisträgerin von 2009, erhält den Heinrich-Böll-Preis 2015. Wir verdanken der 1953 im Banat geborenen und seit 1987 in der Bundesrepublik lebenden Schriftstellerin wichtige literarische Werke wie etwa den Roman "Atemschaukel" oder zuletzt den Essayband "Hunger und Seide". Ihr Schaffen ist dem künstlerischen Geist Heinrich Bölls verwandt. Zentrale Motive des Böllschen Schreibens finden sich bei Herta Müller wieder: Das Aufwachsen in einem repressiven Heimatland und das Erlebnis der Befreiung in einer neuen Gesellschaft. In ihren Texten entwickelt sie eine Poetik, in der sprachliche Originalität und zeitgeschichtliche Durchdringung der Stoffe eine höchst individuelle Stimme schaffen, deren Aussagekraft weit über den deutschen Sprachraum hinausreicht.

Der nach dem Kölner Ehrenbürger und Nobelpreisträger Heinrich Böll benannte Preis ist aus dem Kölner Literaturpreis hervorgegangen. Er wird seit 1985 durch die Stadt Köln verliehen. Am Vorabend der offiziellen Preisverleihung im Historischen Rathaus spricht Herta Müller mit Ernest Wichner in der Kölner Zentralbibliothek – dort, wo auch das Heinrich-Böll-Archiv beheimatet ist."

http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/freizeit-natur-sport/veranstaltungskalender/zentralbibliothek-lesung-und-gespraech-mit-herta-mueller

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